Blende, Belichtungszeit und das ganze Drumherum

Die Grundlagen

Die absoluten Basics der Fotografie sind Blende und Belichtungszeit.

Wie diese zusammen hängen und was sie bewirken, das sollte einem Fotografen in Fleisch und Blut übergehen. Denn wenn ein Motiv mal gesichtet ist fehlt oft die Zeit die Zusammenhänge nochmals durchzudenken. Ebenso hindert ein ständiges “wie war das nochmal mit der Blende…???” die fotografische Kreativität. Und gerade diese zeichnet einen guten Fotografen doch erst aus.

Blende und Belichtungszeit sind für die korrekte Belichtung des Bildes verantwortlich. Um das Bild korrekt zu belichten, muss eine bestimmte Menge Licht auf den Sensor (früher natürlich den (Dia-)Film). Ich vergleiche das gerne mit einem Glas unter einem Wasserhahn. Ist das Glas mit Wasser voll, so ist das das Bild richtig belichtet. Nun ist aber die Frage wie sehr ich den Hahn aufdrehe. Ist der Wasserhahn ganz auf auf fließt viel Wasser und das Glas ist schnell voll. Drehe ich den Hahn nur leicht auf, so tröpfelt es nur etwas ins Glas und es dauert wesentlich länger bis das Glas voll ist.

Der Wasserhahn ist quasi die Blende. Ist die Blende ganz auf kommt viel Licht durchs Objektiv – die Belichtungszeit kann also kurz gehalten werden. Schließe ich die Blende, so verlängert sich die Belichtungszeit.

Etwas Physik – die graue Theorie

Die genaue Definition der Blende ist das Verhältnis von Brennweite zum Durchmesser der Blendenöffnung. Blende 1 – genauer 1:1 – hat also einen gleich großen Blendendurchmesser wie die Brennweite. Bei einer Brennweite der Linse von 50 mm also einen Blendendurchmesser von ebenfalls 50 mm. In erster Linie ist aber die “offene Fläche” der Blende für den Lichtdurchlass wichtig – und nicht der Durchmesser der Blende. Wird die Fläche der Blende halbiert so reduziert sich der Durchmesser um* … richtig! Um den Faktor √2 – also 1,414213562. Runden wir auf 1,4. Bei der Blende 1,4 (genauer 1:1,4) wird die lichtdurchlässige Fläche auf die Hälfte reduziert, dadurch kommt auch nur noch die Hälfte des Lichts durch. Um die gleiche Belichtung zu erzielen muss die Belichtungszeit nun verdoppelt werden. Bei dem Beispieler einer Brennweite von 50 mm wäre nun also der Blendendurchmesser noch etwa 35 mm.
Gehen wir diesen Schritt einfach weiter. Wird die Fläche der Blende nochmals halbiert, so reduziert sich der Durchmesser der Blende wiederum um den Faktor 1,4 und wir kommen zur Blende 2. Was passiert mit der Belichtungszeit? Klar – sie muss nun wiederum verdoppelt werden. Damit kommen wir auf folgendes Ergebnis:

Für viele ist verwirrend, dass eine größere Blende(nöffnung) eine kleinere Blendenzahl hat. Aber das muss man sich eben einfach mal klar machen :)

Zur Praxis: Die lichtstärksten Objektive haben eine Blende von 1,4. Selbst bei zwei Blendenstufen weniger – also Blende 2,8 – kann man noch von lichtstarken Objektiven reden. Die üblichen “Kit-Linsen” beginnen bei 3,5 oder gar 5,6. Lichtstarke Objektive sind sehr teuer – machen dafür am meisten Spaß :)

Und wieso ist das nun so wichtig? Das macht doch die Automatik der Kamera!

Richtig! Aber die Blende hat einen großen Einfluss auf die Bildgestaltung, nämlich auf die Schärfentiefe (oder auch Tiefenschärfe genannt). Je größer die Blende (also je kleiner die Blendenzahl) desto geringer ist der scharfe Bereich.

Kreativität – Schärfentiefe

Und nun kommen wir zur Kreativität des Fotografierens. Bei einem Portrait z. B. soll der Hintergrund möglichst unscharf sein – damit er nicht von der Person ablenkt. Eine geringe Schärfentiefe ist dabei genau das richtige. Oft sogar so gering, dass die Augen scharf sind – und bereits die Ohren etwas unscharf. Also wird hier eine große Blende genutzt.

Bei einer Landschaftsaufnahme hingegen soll die nahe gelegene Hütte genau so scharf dargestellt werden wie die verschneiten Berge im Hintergrund. Hier also eine kleine Blende wählen um eine große Schärfentiefe zu erreichen.

Anhand meiner ersten Kamera, einer KODAK Retina, habe ich dies demonstriert. Am unteren Rand des Objektives sieht man die Blendeneinstellung (2,8 – 4 – 5,6 – 8- 11 – 16). Es ist sehr gut zu erkennen, wie die Blende (bei größerer Blendenzahl) kleiner wird. Natürlich habe ich bei der Kamera, mit der ich die Bilder gemacht habe, die identische Blende eingestellt. Damit sieht man auch schön wie die Schärfentiefe zunimmt. Zudem ist die Belichtungszeit angegeben. (Auch wenn hier nicht ganz genau bei nächst kleinerer Blende die Zeit verdoppelt wird. Denn meine Kamera kann nicht 1/1,5 Sekunden einstellen.)

Klicke auf das untere Bild um das anmierte GIF zu starten:

Wie hängen Blende, Belichtungszeit und Tiefenschärfe zusammen

Blende, Belichtungszeit und Tiefenschärfe

Übrigens, die Schärfentiefe ist nicht nur abhängig von der Blende – sondern auch von der Entfernung zum Motiv. Ist das Motiv sehr Nahe, so ist auch der Schärfebereich extrem klein (nur wenige mm). Bei weit entfernten Motiven ist selbst bei großer Blende die Schärfentiefe sehr groß (einige hundert Meter). Ebenso wird die Schärfentiefe geringer bei kleinerem Sensor. Im Netz gibt es auch Schärfetiefenrechner, die das verdeutlichen.

Kreativität – Bewegungsunschärfe

Die Belichtungszeit kann genauso in die Bildgestaltung eingehen wie die Blende. Dies allerdings “nur” bei bewegten Motiven. Soll eine Bewegung eingefroren werden, so muss eine  kurze Belichtungszeit eingestellt werden. Klassisches Beispiel ist hier die Sportfotografie oder auch Wasserspiele. Hier sind die Zeiten 1/250 s und kürzer sinnvoll.

Soll eine Bewegung verschwommen abgelichtet werden, wie z. B. fließendes Gewässer oder auch ziehende Wolken, muss dementsprechend eine lange Belichtungszeit eingestellt werden. Da die Belichtungszeiten dann schnell in einem Bereich liegen, der nicht mehr von Hand gehalten werden kann, muss meist ein Stativ genutzt werden. Die Belichtungszeit kann hier auch schnell mal mehrere Sekunden dauern.

Trick für Fortgeschrittene – ISO-Zahl

Mit diesen Rahmenbedinungen kann es ein, dass man an die Grenzen der Kamera stößt. Beispielweise möchte man bei hellem Sonnenschein eine große Blende nutzen, damit der Hintergrund sehr unscharf wird. Dies fordert aber eine extrem kurze Belichtungszeit, die eventuell von der Kamera nicht eingestellt werden kann.

Oder ich möchte bei Dämmerung fotografieren und selbst bei offener Blende wird die Belichtungszeit so lange, dass ich dies nicht verwackelungsfrei halten kann.

In diesen Fällen kann man mit den digitalen Sensoren zu einem Trick greifen: die ISO-Einstellung ändern. Diese kommt ursprünglich von den (Dia-)Filmen. Je höher die ISO Zahl, desto lichtempfindlicher war der Film. Bei digitalen Kameras wird natürlich nicht der Sensor empfindlicher, sondern das Signal des Sensors wird elektronisch verstärkt. (Zu analogen Zeiten musste man in diesen Fällen den Film wechseln :)

Die (üblicherweise) geringste Lichtempfindlichkeit ist ISO 100. Bei dieser Einstellung wird also die längste Belichtungszeit erzielt. Bei ISO 200 wird der “Film” doppelt so empfindlich. Die Belichtungszeit kann also halbiert werden (bei gleicher Blende). Gleiches gilt wiederum bei ISO 400, 800, 1600  usw.

Zum Schluss noch ein paar Tipps:

  • Die beste Schärfe wird normalerweise bei Blende 8 erreicht. Deswegen: “Sonne lacht – nimm Blende 8”
  • Bei längeren Belichtungszeiten ein Stativ (und kein Wackeltiv ;-) verwenden. Aus der Hand hält man üblicherweise den Kehrwert der Brennweite. Bei 60 mm also eine maximale Belichtungszeit von 1/60 sek.
  • Höhere ISO Zahlen haben ein erhöhtes Bildrauschen zur Folge. Für möglichst wenig Bildrauschen empfiehlt es sich also normalerweise ISO 100 oder ISO 200 einzustellen. Und nur in kritischen Situationen zu ISO 800 oder gar mehr schalten.

Alles klar?

Hast Du noch Rückfragen oder Anmerkungen – dann schreibe doch einfach ein Kommentar.

PS: die Physiker unter euch mögen mir die etwas flapsige Formulierung an manchen Stellen verzeihen. Es geht hier um eine – hoffentlich – leicht verständliche Einführung :)


*Die Fläche eines Kreises berechnet sich zu: A=π*r² oder auch A=¼*π*d²

Ein Gedanke zu „Blende, Belichtungszeit und das ganze Drumherum

  1. Ingo

    Da hast Du Dir echt Mühe gegeben das Thema einfach, verständlich und interessant zu erklären, gefällt mir.
    Tip: Das beste Schärfe ist immer noch DIE beste Schärfe.
    Gruß Ingo

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